Kauartikel - Gefährliche Knabberei?

 

Nicht selten stehen Kauartikel im Fokus von Diskussionen, besonders wenn es um die Themen Herkunft und Einsatz von Chemikalien geht.

Ein ganz aktueller Fall ist das im letzten Jahr aufgetretene "Werwolf Syndrom", welches bei Hunden (starke) neurologische Störungen und Auffälligkeiten auslöst. Auslöser waren einige Kauartikel u.a. der Marke "Barkoo" des Herstellers Chrisco (welcher in Dänemark vorsorglich einige Produkte zurückgerufen hat) und auch der Hersteller Vafo hat bereits letzten Sommer in Finnland einige Produkte zurückgerufen. Man geht davon aus, das ein bisher unbekanntes Toxin die Ursache ist, was genau, weiß man bisher noch nicht. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass weitere Produkte anderer Marken und Hersteller betroffen sind.

Viele Kauartikel für unsere Hunde kommen aus China und Indien. Und glaubt man unterschiedlichen Quellen, so kann es durchaus sein, dass viele dieser Kauartikel als Abfall der Lederindustrie anfallen. Nach dem Behandeln mit unterschiedlichsten Chemikalien, versteht sich. Denn alles was nicht "schön" genug ist, um weiterverarbeitet zu werden und somit als Abfall anfällt, kann somit noch einem Nutzen zugeführt werden. Die gesetzlichen Bestimmungen und Kontrollen hinsichtlich des Einsatzes von Chemikalien in der Produktion variieren je nach Land. In einigen Produktionsländern können die Standards weniger streng sein als in der Europäischen Union. Daher ist es möglich, dass Produkte aus diesen Ländern Chemikalien enthalten, die in anderen Regionen nicht zugelassen sind. Man bedenke auch, dass die Produkte, welche lange Lagerfähig sind und über den gesamten Globus verteilt werden, auch dementsprechend haltbar gemacht werden müssen!


Welche Chemikalien kommen in der Lederindustrie zum Einsatz?

  • Laugenbäder: Um Haare und Fett zu entfernen, wird die Rohhaut oft in starken Laugen gebadet.
  • Bleichmittel: Chlor oder andere Bleichstoffe werden verwendet, um die Haut aufzuhellen.
  • Konservierungsmittel: Formaldehyd, Schwefelsäure oder ähnliche Stoffe können zur Haltbarmachung eingesetzt werden.

Auch wenn viele dieser Chemikalien bei einer deutschen Produktion nicht verwendet werden dürfen, können solch behandelte Produkte auch hier im Handel landen, da Firmen die Produkte und Rohware beim Großhändler einkaufen oder der einkaufende Konzern die Produkte über seine unterschiedlichen Unternehmen (ggf. in ganz Europa) verkauft. Wie so häufig gibt es "Big Player", von welchen aus die Produkte also rund um den Globus verbreitet werden.

 

Was für Chemikalien könnten noch eingesetzt werden?

  • Synthetische Farb- und Aromastoffe: Tartrazin (E102), Allurarot AC (E129), Ponceau 4R (E124), Brillantschwarz BN (E151), Sudanrot;
    synthetische Fleisch-, Rauch- und Grillaromen, Mononatriumglutamat
    Zweck: Diese werden hinzugefügt, um die Kauartikel vor allem für den menschlichen Käufer optisch und geruchlich ansprechender zu machen.
  • Klebestoffe: industrielle Klebestoffe (z.B. Polyvinylacetat (PVA)), Melamin, formaldehydhaltige Bindemittel

    Einige dieser Mittel stehen in Verdacht oder können bewiesenermaßen (Pseudo-)Allergien auslösen, Migräne verstärken, Depressionen und Angstzustände fördern und wirken sich negativ bei Depressionen oder ADHS aus. Einige Stoffe werden in manchen Staaten als kanzerogen eingestuft, in anderen wiederum nicht. Bei Einsatz in Lebensmitteln muss bei einigen Stoffen der Hinweis "... kann die Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen." aufgedruckt sein. 
    Für genauere Informationen über die einzelnen Zusatzstoffe empfehle ich einen Blick ins Zusatzstoffmuseum.

 

Welche Chemikalien dürfen in Deutschland bei der Herstellung von Kauartikeln eingesetzt werden?

  • Konservierungsstoffe: Sorbinsäure, Benzoesäure, Propionsäure und deren Salze
    Zweck: Verlängerung der Haltbarkeit und Verhinderung von Schimmelbildung und mikrobiellem Verderb.
  • Antioxidantien: Tocopherole (Vitamin E), Ascorbinsäure (Vitamin C), BHA (Butylhydroxyanisol), BHT (Butylhydroxytoluol)
    Zweck: Verhinderung der Oxidation von Fetten, die Ranzigkeit und Qualitätsverlust verursacht.
  • Bleichmittel: Der Einsatz von Bleichmitteln wie Wasserstoffperoxid ist streng reglementiert und nur in sehr geringer Konzentration erlaubt, wenn überhaupt.
  • Rauchverfahren: Zur natürlichen Konservierung dürfen Kauartikel geräuchert werden, wobei dabei entstehende Schadstoffe wie Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) auf ein Minimum reduziert sein müssen.

    Sonstige Zusatzstoffe:
  • Zugelassene Enzyme und Mikroorganismen: Dürfen verwendet werden, um die Verdauung der Tiere zu unterstützen oder die Verdaulichkeit zu erhöhen.
  • Farbstoffe: Natürliche Farbstoffe (z. B. Carotinoide) sind zulässig, synthetische Farbstoffe unterliegen strengen Beschränkungen.
  • Bindemittel: Gelatine, Stärke und pflanzliche Bindemittel (z.B. aus Mais oder Kartoffeln)

 

Warum werden überhaupt Konservierungsstoffe und andere Chemikalien eingesetzt?

Kauartikel sind zumeist fettig, stinkig und naturbelassen eine herrliche Brutstätte für Pilze und Bakterien! Ganz vorn dabei sind Salmonellen und E.coli, aber auch Listerien, Clostridium spp., Schimmel- und Hefepilze können sich auf (unbehandelten) Kauartikeln tummeln. Kein Wunder also, dass vielen dieser Kauspass nicht gut bekommt! Naja und dann müssen sie natürlich auch eine ganze Weile halten (nicht selten sind die Produkte über 1-2 Jahre haltbar und das nicht nur weil sie getrocknet sind!). Und um dabei auf Nummer sicher zu gehen und nicht für den nächsten Salmonellen-Skandal verantwortlich zu sein, werden viele Produkte mit Bakterien- und Pilzabtötenden Mitteln behandelt. Das ist völlig normal und wird auch bei menschlichen Lebensmitteln oder bei Fertignahrung gemacht. Nicht alle Zusatzstoffe sind synthetisch oder gesundheitsschädlich. In Deutschland ist der Einsatz von Zusatzstoffen zudem streng reglementiert und wird regelmäßig kontrolliert. Trotz allem kann es natürlich auch zu technischem oder menschlichen Versagen kommen.

 

 

Aber muss das nicht auf der Packung stehen? Wie siehts aus mit der Deklaration?

  • nicht jeder Hersteller ist Transparent und/oder ehrlich
  • je länger die Lieferkette und je nachdem durch wie viele Hände das Produkt gelaufen ist, desto undurchsichtiger wird alles
  • je länger die Lieferkette desto länger sind die Produkte unterwegs > Verderblichkeit steigt, daher muss ggf. mit mehr Konservierungsstoffen gearbeitet werden
  • Stichprobenartige Kontrollen: Je nach Menge die der Hersteller verarbeitet oder verkauft, kann es durchaus vorkommen, dass "nur" stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden (wenn überhaupt) und so mal eine Charge "durchrutscht". Wenn genau diese dann Kontaminiert ist, hat man den Salat. 
  • Preisdruck: verdorbene Ware ist verlorene Ware - durch immer wieder aufkommende Skandale im menschlichen Lebensmittelbereich ("Gammelfleisch-Skandale") weiß man, das es so mancher mit der Hygiene und Lebensmittelsicherheit nicht so genau nimmt und Fleisch daher auch einfach mal umetikettiert wird, um es länger verkaufen zu können.
  • beim Weiterverkauf und Umverpackung kann es also vorkommen, dass neu etikettiert wird und somit Informationen "verloren gehen"
  • Herkunft der Produkte (z.B. Rinderhaut) muss nicht unbedingt angegeben werden
  • ungenaue Bezeichnungen bzw. geschlossene Deklarationen: BHA und BHT werden oft unter „Antioxidationsmittel“ ohne nähere Angaben aufgeführt
  • nicht alles muss deklariert werden

 

Ausnahmen von der Deklarationspflcht:

  • Trägersubstanzen und Hilfsstoffe: Chemikalien, die während der Verarbeitung verwendet werden (z. B. als Lösungsmittel oder Trägerstoffe), müssen nicht deklariert werden, wenn sie im Endprodukt in so geringen Mengen enthalten sind, dass sie keine technische Wirkung haben.
    Beispiel: Formaldehyd kann als Verarbeitungshilfsstoff in Futtermitteln für Nutztiere auftreten und muss nicht deklariert werden, wenn es nur Spuren hinterlässt.

  • Zusatzstoffe in Vormischungen: Wenn ein Zusatzstoff Teil einer Vormischung ist, muss der Endhersteller diesen nicht separat aufführen, solange die Vormischung insgesamt deklariert wird; als Beispiel: Wenn ich als Produzent von Leckerlies Ware einkaufe, welche ich für ein neues Leckerlie brauche, dann kaufe ich z.B. Fleisch ein, Kartoffeln und dann evtl. noch eine Kräutermischung. Wenn ich diese Mischung beim Hersteller einkaufe, muss dieser angeben, welche Kräuter und ggf. Zusatzstoffe enthalten sind (z.B. um die Mischung haltbar zu machen), wenn ich diese Mischung dann aber in meiner Fleisch-Kartoffel-Kräutermischung für meine Leckerlies nutze, dann reicht es aus "Kräutermischung" auf die Packung zu schreiben, die einzelnen Kräuter sowie ggf. Zusatzstoffe müssen dann nicht mehr angegeben werden!

 

Woran erkenne ich stark behandelte Kauartikel?
Eine gute Frage und gar nicht so leicht zu beatworten... oder doch? Ich empfehle jedenfalls immer folgendes:

  • alles was nicht irgendwie "natürlich" aussieht von Form, Farbe, Konsistenz und Geruch - liegen lassen
  • hat es kaum Geruch, einen chemischen oder künstlichen Geruch? - liegen lassen
  • ist es gebleicht (getrocknete Haut ist dann eher weiß/gelblich anstatt rosa-bräunlich-Hautfarben)? - liegen lassen
  • hat es bunte Farben, ist lustig verknotet und gespickt? - liegen lassen
  • kann es tagelang angekaut in der Wohnung liegen ohne einen intensiven Geruch zu entwickeln? - lieber wegwerfen...

 

Ich selbst hatte schon von so manchen Großhändlern Produkte in den Händen, die mir geruchlich, optisch oder auch von der Konsistenz her das Gruseln beschert haben.

Einige Male waren in den Einkaufslisten gewisse Zusatzstoffe verborgen und wurden mir erst offenbart, nachdem ich das Produkt eingekauft, in den Händen und das Etikett vor Augen hatte. Ich habe in allen Fällen die Händler darauf hingewiesen, aber nur ein Händler hat daraufhin die Zusatzstoffe in den Einkaufslisten aufgeführt. Nicht selten wird auch die Herkunft der Produkte erst auf Nachfrage klar, da diese nicht unbedingt offengelegt werden muss. Daher kann ich immer nur raten: im Zweifel nachfragen oder das Produkt nicht kaufen.

 

Folgende Beispielbilder zeigen Produkte von denen ich abraten würde. Was nicht heissen muss, dass alle Produkte die so aussehen mit giftigen Chemikalien behandelt und somit gesundheitsschädlich für unsere Hunde sind. Es sind aber auffällig häufig Kauartikel dieser Art.

 

 

Und nun? Kann ich meinem Hund gar keine Kauartikel mehr geben?

Doch, natürlich kann man seinem Hund trotzdem noch Kauartikel geben. Aber man sollte eben einmal mehr hinsehen - oder im Zweifel nachfragen.

Daher ein paar Tipps, auf was man achten sollte:

  • die Produkte sehen naturbelassen aus und haben eine natürliche Farbe 
  • tierische Kauartikel (Haut, Pansen, Fleisch...) sind sehr geruchsintensiv - das stört häufig uns Menschen, aber nicht den Hund
  • der Hersteller ist offen was die Herkunft der Rohstoffe betrifft oder gibt sie bereitwillig auf Nachfrage durch
  • i.d.R. werden Produkte welche aus Deutschland stammen auch so deklariert
  • natürliche Trocknungsverfahren wie "im Ofen getrocknet", "geräuchert" oder "luftgetrocknet" werden meist angegeben

    Unten habe ich noch ein paar Bilder angehängt, wie natürliche unbehandelte Kauartikel aussehen.

 

Quellen für natürliche Kauartikel:

Ich möchte hier ein paar Quellen für naturbelassene Kauartikel auflisten, von denen ich der Meinung bin, dass hier gute und qualitativ hochwertige Kauartikel (und Leckerlies) verkauft werden. Die Anbieter schreiben zum Teil auch dazu, woher die Produkte bzw. Rohware stammt. Wenn ich euch trotzdem unsicher seid, dann scheut euch nicht den Anbieter zu kontaktieren und nachzufragen. Ihr kennt eine tolle vertrauenswürdige Quelle? Dann gerne her damit! :-)

 

Noch eine letzte Anmerkung:

Kauartikel haben keinerlei Nährwert für unsere Hunde, viel eher sind sie schwer verdaulich und beanspruchen den Verdauungsapparat samt Bauchspeicheldrüse und Nieren stark.

Sie sind mehr als Genussmittel als eine tägliche Beigabe zum Fressen zu verstehen. Es sollte also ein "Ab und Zu-Spass" für den Hund sein. Zudem sollte die verfütterte Mengen nicht aus den Augen verloren werden, denn 100g Trockenware entsprechen etwa 400g Frischware! Das kann schnell zu Überfütterung und somit zu Übergewicht führen. Kauartikel mit Fell sollten ebenfalls maßvoll verfüttert werden, da Fell nicht verdaulich ist und somit den Darm verstopfen kann, wenn zu viel verfüttert wird.

 


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Kommentare: 6
  • #1

    Tine (Dienstag, 21 Januar 2025 09:34)

    Toller Beitrag :-) !

  • #2

    Jana (Dienstag, 21 Januar 2025 12:24)

    Vielen Dank! :-)

  • #3

    Kim (Dienstag, 21 Januar 2025 13:10)

    Danke für die Info, vor allem der Hinweis wo man gute Kauartikel kaufen kann�
    Vielen Dank!

  • #4

    Jana (Dienstag, 21 Januar 2025)

    Sehr gerne und ich werde die Liste ggf. auch noch erweitern. :-)

  • #5

    Yvonne (Dienstag, 21 Januar 2025 18:16)

    Tolle Recherche. Die alternativen zu den Kauknochen sind sehr hilfreich �

  • #6

    Stefan (Dienstag, 21 Januar 2025 21:47)

    Super Beitrag, Danke Jana!